Sich ablenken vs Die neu gewonnen Zeit prophylaktisch sinnvoll füllen

Eine Bekannte erzählte mir letztens, dass sie seit neuestem in einem wohltätigen Verein bei der Essensausgabe für Obdachlose mithilft. Ich wurde hellhörig und lauschte gespannt ihren Erzählungen. Und verfiel in Tagträume – hatte diverse amerikanische Filme im Kopf, wo gelangweilte Hausfrauen ähnliches veranstalten, um ihrem gelangweilten Dasein zu entfliehen….Nein, stopp, ich zwang mich weiter zuzuhören, denn es faszinierte mich auch.

Dass sei sehr erfüllend. Die Leute sehr dankbar. Es gäbe zu wenige Helfer, die meisten Menschen würden „nur“ Geld spenden wollen, aber richtig mit anpacken, das täten die wenigsten.

Es fing an in mir zu arbeiten, und ich hatte direkt den Wunsch: das will ich auch machen.

Btw: in meinem Leben gibt es ein Muster: ich habe ständig den Drang „anders“ als die anderen zu sein – und bei dem Hinweis „die meisten spenden nur Geld…“ hatte es mich gepackt. Zumindest wollte ich es mal ausprobieren!

Gesagt, getan. Bzw stimmt nicht, erstmal musste ich noch zwei geplante Einsätze verschieben, „ich hatte doch zuviel zu tun“ (Kind, Hund. Arbeit, Haushalt, und dann muss ja noch das tägliche kotzen organisiert werden, so bleibt am Ende des Tages nicht viel Luft übrig….!)

Aber dann endlich war es so weit, der Tag kam: ich hatte genug Energie, und mein schlechtes Gewissen über die beiden ersten Absagen waren groß genug, um die Essensausgabe mitzumachen. Ich hatte zugegeben etwas Schiss…vor…ja, wovor eigentlich? Vor den Leuten, vor dem, was mich erwartet? Ich konnte die Angst noch nicht mal richtig benennen.

Und was soll ich sagen – es war sehr schnell wieder vorbei – und es war einfach ein herzerfüllendes Erlebnis! Ich habe zwar vorher schon damit gerechnet, dass es nicht „schlimm“ wird. Es gab ja einen Grund, warum ich mitmachen wollte, und sooooo selbstkasteiend bin ich dann auch nicht. Aber es hat meine Seele richtig genährt, und das noch ein paar Tage lang.

Für mich war klar: das mache ich nochmal!

Aber wann? Mein Leben ist so voll getaktet, ich bin so oft so gestresst, und habe mir in den letzten Jahren extra angewöhnt, nicht zu allem sofort „ja“ zu schreien“. Tagelang habe ich mir den Kopf darüber zerbrochen, was ich dem Verein sagen könnte, wie oft sie mit mir rechnen können. Denn sie müssen ja auch planen können, und ich wollte auf keinen Fall unzuverlässig bei dieser wichtigen Arbeit sein!

Aber es war doch ein Fakt: ich war unzuverlässig…ich wusste nie, ob ich genug Kraft haben würde, um die Dinge die on-top zu den MUSS-Aufgaben kamen, noch machen zu können…

Ellen und ich haben tagelang darüber geredet, dass wir ja demnächst sehr viel Zeit haben werden, die gefüllt werden möchte. Meine ersten Gedanken dazu waren: naja, ich werde das machen, was ich bisher vernachlässigt habe, gedanklich habe ich gar nicht so viel Platz für neues.

Aber dann ist es mir die Tage wie Schuppen von den Augen gefallen. Ja – ich werde mehr Zeit für Dinge haben, die ich vernachlässigt habe. Und ich muss mir Dinge überlegen, für die freien Zeiten, in denen ich merke dass der Druck kommt.

ABER, um meine Seele langfristig zu stärken, muss ich mir auch Dinge suchen, die langfristig gut tun, und die ich ohne akuten Druck mache. Prophylaxe halt, wie beim Zahnarzt.

Und ich werde mehr Energie haben! Das war bis jetzt nur ein theoretischer Gedanke, aber das wird ein Fakt sein!

Gestärkt mit diesem Perspektivwechsel habe ich beschlossen, dass ich mir locker zweimal im Monat freihalten. Gepaart mit der Erinnerung an das gute Gefühl, was ich hinterher hatte, und was noch tagelang in mir nachgehallt ist, ist das doch ein mehr als lohnendes Zeit-Investment! Und mit dieser Erkenntnis ist mein Knoten im Kopf auch geplatzt – und ich weiß jetzt ganz genau, und mit einem guten Gefühl, was ich dem Verein jetzt anbieten werde!

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