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27.08.2024 – Tag 10

Abschiedsbrief an die Bulimie

Ich weiß, wir hatten eine ziemliche on-off Beziehung. Und ich habe schon ein paar mal versucht, mich von dir zu trennen. Mal mehr, mal weniger halbherzig.
Du warst meine heimliche Affäre, niemand durfte von dir und unserem Doppelleben erfahren.
Viele Jahre, mehr als die Hälfte meines Lebens, warst du mir eine ständige Begleiterin. Von dir habe ich die Zuverlässigkeit bekommen, die ich mir von manchem Menschen gewünscht hätte, Eine toxische Treue, die meine Seele nicht genährt, und meinen Körper in einem Übermaß gefüllt hat, so dass es nicht auszuhalten war, unzählige Male.

Ich gebe zu, ich habe sehr an dir gehangen. In vielen Situationen hast du mir geholfen zu überleben. Du warst mein Ventil, mein Regulator, du hast mir geholfen, Konflikte zu überstehen und zu vergessen.
Du warst einfach meine Reaktion auf jedes Gefühl, was drohte mich zu erschüttern: Trauer, Wut, Frust, aber auch Glück und Freude, Erleichterung und Stolz. Bei allem warst du dabei.

Und ich weiß noch nicht genau, wie mein Leben ohne dich sein wird. Aber ich spüre so deutlich wie nie zuvor: es ist Zeit dich loszulassen und ohne dich weiterzumachen.
Es ist Zeit, mutig zu sein, und neue, unbekannte Wege zu gehen. Ich bin bereit, den Weg ab jetzt ohne zu dich zu gehen.

Du warst mir lange Zeit eine Stütze. Wobei….Stütze hört sich zu nett an – nennen wir es lieber Krücke. Du warst lange Zeit mein Navigationssystem und hast mir die Richtung vorgegeben, weil ich Angst hatte falsch abzubiegen. Du hast mich geführt, geleitet, du hast mein Leben bestimmt. Leider hattest du dabei aber nicht mein bestes im Sinn.
Der Weg, den du mir gezeigt hast, landete immer wieder in einer Sackgasse. Denn dein Angebot ist sehr beschränkt. Und ich bin dem entwachsen. Ich will weiterkommen, und mich nicht weiter im Kreis drehen.
Ich will neue Orte entdecken, auch wenn mir das Unbekannte noch etwas Angst macht. Aber die Freude und Neugier ist inzwischen größer als die Angst. Die Waage ist gekippt, und ich kann es kaum erwarten loszulaufen. Ich brauche dich nicht mehr. Du hast deine Aufgabe erfüllt. Ich werde nicht zurückblicken. Unsere Verbindung muss komplett gekappt werden und funktioniert auch nicht nur ein „bisschen“.
Deshalb kein „machs gut“ oder „auf wiedersehen“. Ein schlichtes Ende, aus, Mickey Mouse.

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