Tag 19 – 05.09.2024
Was hat sich noch verändert?
Ich merke ganz deutlich, wie ich mich länger am Stück konzentrieren kann. Und auch wenn meine Nächte im Moment bescheiden sind, so bi ich in Gesprächen mit Menschen viel viel wacher, als ich es die letzten Jahre je gewesen bin.
Außerdem bin ich – bis auf meine pubertären Ausreißer nach unten, die ich aber wirklich der Anfangszeit und der Umstellung zuschreibe – insgesamt ruhiger geworden.
Und was noch neu ist: ich will drüber reden. Nicht mit der ganzen Welt, nicht mit jedem Menschen, der irgendeine Rolle in meinem Leben spielt. Aber mit einigen. ich merke, es wird mir leichter fallen. Es ist einfach etwas anderes zu sagen: „ey, ich hatte bis vor drei Wochen noch das und das Problem, aber ich bin auf einem richtig guten Weg“, anstatt „ich kotze seit 25 Jahren, und weiß nicht, ob ich es jemals schaffe damit aufzuhören“.
Es ist soviel in Bewegung, ich spüre genau, dass sich Dinge verändern, große Dinge, die ich jetzt noch nicht mal ansatzweise erahnen kann. Denn ich KENNE das andere Leben – das Leben ohne die Essstörung – im Grunde genommen nicht. Ich habe es nie gelebt, und kann deshalb auch keine Vergleiche ziehen oder sagen: ich will wieder dass es so wie früher wird!
Vielleicht habe ich ganz lange Angst vor genau dieser Unbekannten gehabt. Aber jetzt ist der Moment wo ich das Fremde, das Neue, das Unbekannte unbedingt KENNENLERNEN möchte!
Und ich habe Geduld und Gnade mit mir, wenn ich auf dem Weg dorthin Ausreißer nach unten habe. Das ist in Ordnung, Das ist nicht mein Charakter, und das bin nicht ICH. Ich bin im Grunde genommen ein total positiver Mensch, und kenne solche krassen Tiefs gar nicht. Aber das Druckventil ist weg, und Gefühle wollen endlich gefühlt werden, und bis sich das einpendelt braucht es Zeit.
Zum Glück hat mich der Weg der Abstinenz vom Alkohol schon gelehrt, geduldig(er) zu sein…:-)