#Tag 27

Die Tage rennen. Unglaublich, schon fast ein Monat ohne B.
Ich habe viele Gedanken zu den vergangenen Tagen und Wochen. Wie gesagt, ich hatte ja schon öfter kotzfreie Phasen. Ich merke aber dass ich dieses Mal achtsamer mit mir und meinen Gedanken umgehe. Öfters, gerade nach dem Essen und mit Eintritt des Sättigungsgefühls, kommt die fiese Stimme um die Ecke. Meist habe ich es dann geschafft  die Gedanken genauso schnell wieder ziehen zu lassen oder mit Vernunft dagegen zu halten. Ich konnte mich gut ablenken, bin auch am Anfang oft aufs Fahrrad und bin in den nächsten Ort gefahren oder habe Früchte der Natur eingesammelt und diese geputzt und verarbeitet. Es gab Tage an denen habe ich mich auch einfach nur ins Bett gelegt, hab gelesen oder mir was angeschaut, oder in die Wanne gegangen. Ich gehe zeitig ins Bett (nach 24 Uhr) außer in Arbeitswochen ist das schon ewig nicht mehr gewesen. Irgendwo habe ich heute wieder gelesen dass es mehrere Monate dauert bis neue Routinen ins Gehirn verinnerlicht wurden, die Bulimie einen Zweck erfüllt hat und das Gehirn in Stresssituationen schnell auf gewohnte Muster zurückgreift. Wichtig ist bei Rückfällen diese zu akzeptieren und dann sofort mit dem Heilungsprozess weiter zu machen, sprich gesund essen und fürsorglich mit sich umgehen. Auf das Erreichte zurückblicken und sich selbst mit Liebe und Mitgefühl begegnen.
Ich hatte bisher Glück, kaum stressige Tage. Generell bin ich sehr zufrieden, da ich finde aktuell wenig Stress in meinem Leben zu haben. Vielleicht bin ich da auch ein wenig mehr wie meine Oma. Sie wirkte auf mich auch nie gestresst und immer sehr genügsam.

Ich weiß noch nicht wie ich in absoluten Stresssituationen reagiere, oder wenn ich Spätdienst habe und Essenssituationen begleiten muss, wir auf Arbeit kochen, ich mit Kollegen zusammen esse. Oder wenn ich das erste Mal nach langem wieder für längere Zeit allein in Berlin bin. Das vermeide ich aktuell noch, da ich mich noch nicht zu sehr gefestigt fühle. Aber auch da habe ich das Gefühl dass es dieses mal auch anders sein wird. Denn die Komponente Alkohol fehlt. Alkohol betäubte, vernebelte meine Gedanken und löste eine „Jetzt ist alles egal“ Einstellung in mir aus. Ich habe es genossen im Weltschmerz zu baden. Seitdem ich frei vom Alkohol bin finde ich, ich bin ich viel entspannter und zufriedener.
Ich denke, auch für die kommenden kalten Tage bin ich vorbereitet. Ich habe mir Aufgaben ausgedacht, die ich in meiner freien Zeit lösen kann. Es sind meine persönlichen Aktivitäten und „to do’s“ die auf mich zugeschnitten sind und die ich gerne mache oder mich gut ablenken können/sollen.
Bis jetzt war das Wetter noch spitze und ich konnte mich gut intuitiv ablenken. Das Wetter war ja auch spätsommerlich schön.

In zwei Büchern habe ich unabhängig voneinander gelesen dass es sinnvoll sein kann in den ersten Monaten bestimmte Aminosäuren zu sublimentieren, da die Gehirnchemie von essgestörten Menschen höchst wahrscheinlich auch nicht im Gleichgewicht ist und durch regelmäßige und gute/gesunde Nahrung einige Zeit benötigt um zu regenerieren. Ich muss sagen, bisher sind mir Essanfälle erspart geblieben. Und darüber bin ich so sehr dankbar!! Ob es nun von den Nahrungsergänzungsmitteln kommt, oder dass ich einfach die Mahlzeiten in mir behalte oder der Verzicht von Industriezucker. Naja meistens jedenfalls (die Gummibärchen habe ich aus meinem Leben, bisher erfolgreich, verbannt) weiß ich nicht. Ich weiß aber das ich genügend Energie für all die Aufgaben meines Tages habe. Ich viel weniger Gedanken an Essen/Nicht Essen/FA planen….. habe und dieses Gefühl ist so wunderbar  und befreiend, dass ich es für den Rest meines Lebens in mir tragen möchte.

„Ich bin stolz auf alles was ich bisher erreicht habe“

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